Mein Name ist

SARAH SONJA LERCH

1882–1918

Geboren wurde ich als Sarah Sonja Rabinowitz (Sarah ist mein Synagogenname) in Warschau, ging nach Wien und Gießen und promovierte in Nationalökonomie.

Mein Vater, bekannter Rabbiner und Journalist, prangerte die mörderischen
Pogrome des zaristischen Russland an. Mit Antisemitismus, Haussuchungen,
Verhaftungen und Verbannungen bin ich groß geworden.

Hier, im Kollosseum, einer der größten Münchner Bierhallen, stand ich am 27. Januar 1918 neben Kurt Eisner vor 2000 Menschen. Ich rief sie auf zum Generalstreik gegen den mörderischen Krieg, der bereits seit vier Jahren wütete und Millionen Opfer gefordert hatte.

Aber der Streik scheiterte. Am 1. Februar wurden wir alle verhaftet. Die Revolution ließ sich allerdings nicht aufhalten. Kurt Eisner rief im November die Demokratie aus. Dies erlebte ich nicht mehr.

Ich starb am 29. März 1918 in einer Isolierzelle im Gefängnis Stadelheim. Mein Ehemann reichte die Scheidung ein und hat mich in den acht Wochen meiner Gefangenschaft kein einziges Mal besucht. In seinen Kreisen wurde ich diffamiert als „russische Steppenfurie“.

Vertiefung:

» Günther Gerstenberg, Cornelia Naumann: Steckbriefe. Gegen Eisner, Kurt u. Genossen wegen Landesverrats. Lich 2017

» Cornelia Naumann: Der Abend kommt so schnell. Münchens vergessene Revolutionärin Sonja Lerch. Meßkirch 2018

» Günther Gerstenberg: Der kurze Traum vom Frieden. Ein Beitrag zur Vorgeschichte des Umsturzes in München 1918 mit einem Exkurs über Sarah Sonja Lerch in Gießen von Cornelia Naumann. Lich 2018

» Cornelia Naumann: Ich hoffe noch, dass aller Menschen Glück nahe sein muss … Fragmente eines revolutionären Lebens der Sarah Sonja Rabinowitz. Lich 2018

» https://www.literaturportal-bayern.de/component/lpbthemes/?task=lpbtheme.default&id=1123&highlight=WyJsZXJjaCJd

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